Gerüchte über Fehlverhalten und mangelnden Respekt vor Leben und Gesundheit von Zivilisten auf Seiten der US-Truppen im Irak gibt es schon lange. Handfeste Beweise allerdings sind selten - das alte Sprichwort, dass in jedem Krieg die Wahrheit als Erstes stirbt, erweist sich auch hier allzu oft als zutreffend. Manchmal jedoch kommt die Wahrheit trotzdem ans Tageslicht. Heute gab es einen solchen Fall.
Die Whistleblowing-Website WikiLeaks, die bereits des Öfteren durch das öffentlich Machen von unangenehmen Wahrheiten Aufsehen erregte, kündigte die Existenz des fraglichen Videos bereits vor einigen Monaten an. Das Video war ihnen verschlüsselt von einer anonymen Quelle zugespielt worden. Mit Hilfe von Unterstützern gelang es WikiLeaks, das Video zu entschlüsseln und für die Veröffentlichung vorzubereiten. Die Ankündigung der Veröffentlichung auf Twitter sorgte offenbar für einiges Unbehagen bei den US-Behörden: Kurze Zeit später wurden Mitarbeiter von WikiLeaks durch US-amerikanische und isländische Geheimdienste verstärkt überwacht (gulli:News berichtete). Die Aktivisten ließen sich jedoch nicht beirren und veröffentlichten das brisante Video planmäßig heute Nachmittag mitteleuropäischer Sommerzeit im US National Press Club. Kurze Zeit später ging eine Website online, auf der Journalisten und Interessierte auf aller Welt den Film und entsprechende Hintergrundinformationen finden.
Überschrieben ist das Video mit dem Titel "Collateral Murder", einer Zusammensetzung der Begriffe "Collateral Damage" (englisch für "Kollateralschaden", ein militärischer Begriff für irrtümlich getötete Zivilisten) und "Murder", also Mord. Und diese Bezeichnung ist auf keinen Fall falsch. Der gut 17 Minuten lange Film ist eine Aufnahme aus einem US-amerikanischen Apache-Helikopter. Die Helikopter-Piloten entdecken eine Ansammlung von Menschen. Sie vermuten, dass einige davon Waffen tragen, und bitten um Erlaubnis, das Feuer zu eröffnen. Aggressive Handlungen sind in diesem Moment keine zu beobachten.
Namir Noor-Eldeen
Nach dem ersten Angriff erscheint ein Minivan am Schauplatz der Geschehnisse, offenbar um den Verwundeten zu helfen und die Leichen einzusammeln. Nach einer kurzen Rücksprache mit dem Hauptquartier wird dieser Minivan vom Helikopter ebenfalls angegriffen. In dem Fahrzeug befinden sich unter anderem zwei kleine Kinder, die bei dem Angriff schwer verletzt werden. Darüber scheinen die Soldaten, die bis zu diesem Zeitpunkt bemerkenswert locker mit den Geschehnissen umgegangen sind, einen Moment lang betroffen zu sein. Dann allerdings meint einer, die Eltern wären "selbst schuld, wenn sie ihre Kinder zu einer Schlacht mitnehmen", wofür er Zustimmung von seinen Kollegen erhält. Welche Schlacht, mag sich da mancher Beobachter fragen - auf die US-Soldaten wurde die ganze Zeit kein einziger Schuss abgegeben.
Nach dem Angriff versuchten die US-Behörden zunächst, die Vorfälle kleinzureden. Man habe nicht gegen das Kriegsrecht verstoßen und alles getan, um den Tod von Zivilisten, insbesondere Kindern, zu verhindern, hieß es. Angesichts der Geschehnisse im Video erscheint diese Aussage kaum haltbar. Kein Wunder also, dass man sich solche Mühe gab, das Dokument geheimzuhalten - und umso wichtiger, dass dies letztendlich keinen Erfolg hatte. Die Folgen dieser Veröffentlichung sind momentan noch nicht abzusehen. Es liegt wohl in den Händen der Menschen, die nun Zugriff auf diese Informationen haben, aus diesen Konsequenzen zu ziehen.
Bild: Namir Noor-Eldeen, Foto zur Verfügung gestellt von WikiLeaks
am Montag, 05.04.2010 19:53 Uhr
News Redaktion am 21.09.2016, 09:04 Uhr
So tickt die Welt eben: Einige Menschen haben so viel Geld, dass sie nicht wissen, was sie damit tun sollen, andere müssen darum bangen, sich etwas zu Essen leisten zu können. Der Sohn eines chinesischen Milliardärs beispielsweise kaufte für seinen Hund gleich sieben iPhones.